La Guajira
La Guajira ist Kolumbiens nördlichste Region und beherbergt außerdem den nördlichsten Punkt Südamerikas: Punta Gallinas.
Guajira Alta, der nördliche Teil dieses Gebietes, ist wild, einsam, trocken und sehr windig. Hier, an der Karibikküste Kolumbiens, findet man ein spärlich besiedeltes Gebiet mit Sanddünen, Salzebenen, Kakteenfeldern und türkisen Lagunen mit Flamingos.
Auf der Guajira-Halbinsel, welche sich über die nördliche Spitze Kolumbiens und Venezuela erstreckt, lebt außerdem die indigene Bevölkerung der Wayuu. Diese leben hauptsächlich als Ziegenhirten und Fischer. Die Wayuu Frauen sind zudem sehr geschickt im Weben der einzigartigen Hängematten, Handtaschen und Armbänder, die es im Rest von Kolumbien überall zu kaufen gibt.
Unterwegs in den Norden
Auf dem Weg von Uribia nach Cabo de la Vela machen wir auch erste Bekanntschaft mit den Straßensperren der Wayuu. Fast ausschließlich Kinder spannen hier Schnüre über die Straße und wollen einen Wegzoll, die Meisten fragen nach Süßigkeiten aber auch Geld wird nicht selten gefordert. Dem Müll zufolge sind die Kinder hier öfter erfolgreich, doch wir wollen dieses Betteln nicht unterstützen. Wir machen es wie die Einheimischen, langsam fahren wir ohne stehen zu bleiben auf die Sperren zu, die Kinder lassen die Schnur dann in der Regel fallen.
Cabo de la Vela
Früher ein einsames Fischerdorf, ist Cabo de la Vela heute immer noch verschlafen, allerdings ebenso ein Eco-Tourismus-Dorf. Dies ist das letzte Dorf, welches noch mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht werden kann, danach geht es für Touristen ohne eigenes Allrad Fahrzeug nur noch mit einer Tour weiter.
Hospedajes (Unterkünfte) und kleine Restaurants finden sich am Wegesrand, als auch einfache Häuser der Einheimischen. Die Wayuu Frauen tragen leichte und luftige, bodenlange Kleider und verkaufen wunderschöne, bunte Handtaschen, oder auch die traditionellen Hängematten.
Durch den konstanten und stetigen Wind ist dieser Ort vor allem bei Kitesurfern beliebt, gleich drei Kite Surf Schulen finden sich in diesem kleinen Dorf und die einheimischen Teenager zeigen was sie können.
Wir bleiben erst Mal nur eine Nacht, und wollen am Weg zurück aus dem Norden hier noch einmal stoppen. Unser gewählter Stellplatz bei dem beliebten Ausflugsziel Pilón de Azúcar ist ganz schön windig. Wir stellen uns strategisch mit der Schnauze in den Wind, um so nicht ganz so durchgeschaukelt zu werden und mit offenem Klappdach campen zu können. Bei diesen Temperaturen im Notfallbett unten zu schlafen wäre ganz schön unbequem.
Trip in die Wüste
Der Norden von La Guajira ist fest in Hand der einheimischen Wayuu. Um von Cabo de la Vela in den Norden zu gelangen, gibt es viele weitere Straßensperren, bei denen Maut von uns verlangt wird. Zusätzlich geht es durch tückisches Terrain einer Schlamm- und Salzwüste.
Für die Straßensperren sind wir bereits vorbereitet. Wir haben 45 Beutel mit 600ml Trinkwasser dabei, etwa 15 Säcke Reis, ein paar Packungen Linsen und einen riesigen Sack mit frischen Orangen. Zusätzlich haben wir bereits die letzten Tage immer fleißig unser Kleingeld zur Seite gelegt, um den Wegzoll bezahlen zu können. Kaum biegt man auf die Zufahrtsstraße Richtung Punta Gallinas ab, geht es auch schon los. Im 30 Meter Abstand haben die Familien hier Straßensperren erstellt. Alle wollen vom Tourismus profitieren und verlangen Geld, um Autos passieren zu lassen.
Es führt kein Weg drum herum, denn taktisch haben sie hier Autoreifen und Büsche platziert und es gibt nur einen Weg. Das Seil wurde hier auch gegen Ketten ausgetauscht und wird nicht in der Hand gehalten, sondern ist zumeist zwischen zwei Holzstämmen, Bäumen oder Büschen gespannt. Und so geht das verhandeln los. Eigentlich werden 1000 – 2000 Pesos „Maut“ verlangt (30 – 60 Cent), um hier passieren zu dürfen. Wir bieten anstelle des Geldes erst mal Reis und Orangen an und dürfen passieren. Pro Barriere wird aufs neue verhandelt, nach ca. zehn bis 15 Hindernissen haben wir die erste Hürde geschafft. Jetzt warten „nur“ noch 40 weitere Straßensperren auf unserer gesamten Strecke von 120 Kilometern in den Norden. Die meisten Sperren sind von Kindern, die mehr oder weniger freundlich, teilweise aber auch vehement nach Geld und Süßem betteln. Ein paar wenige Kinder sind etwas aggressiv, die bekommen schon mal gar nichts. Die Gegend ist arm, es gibt kein Wasser und die Bewohner sind vom regelmäßig vorbeikommenden Wassertruck abhängig. Doch sehen alle Kinder nicht unterernährt aus und so verteilen wir sparsam unsere mitgebrachten Wasserbeutel, Orangen und Reissäcke. Es ist schwierig zu entscheiden wer etwas bekommt und wer nicht. Denn genug für alle haben wir nicht dabei. Pro Sperre warten oft drei bis vier Kinder auf ein „Geschenk“ und schließlich müssen wir den gesamten Weg auch wieder zurück. Wir sind in einem Gewissenskonflikt, eigentlich wollen wir diese Art des erzwungenen Bettelns nicht unterstützen, doch ist dies andererseits die einzige Möglichkeit nach Norden zu kommen.
Die Route
Den größten Teil der Strecke folgen wir den vorhandenen Tracks. Der salzige lehmige Untergrund mag zwar fest aussehen, doch einmal vom Hauptpfad abgekommen kann man schnell stecken bleiben und bis zur Achse versinken. Das bezeugen auch die vielen tiefen Furchen. Zur Regenzeit ist diese riesige Salzebene überflutet und der einzige Weg in den Norden führt dann über das Meer.
Immer wieder teilen sich die Wege und dann noch einmal und noch einmal. Doch grundsätzlich führen viele dieser Tracks ans Ziel Punta Gallinas. Die Devise ist allerdings einfach: immer dem „meist befahrensten“ Weg folgen.
Vorsichtshalber haben wir die Tracks von Hernando von Iguana4x4 in unserem GPS, aber auch maps.me kann man hier überraschenderweise ganz gut vertrauen. Ganz so einfach ist es allerdings trotz GPS nicht, denn die Tracks sind bereits zwei bis drei Jahre alt und nach jeder Regenzeit verändern sich die Pfade etwas. Nicht nur einmal entscheiden wir uns falsch und enden auf einem Weg, der immer weniger und weniger zu befahren aussieht. Wir fahren zügig immer gerade aus und hoffen dass uns der Boden aushält.
Je näher wir unserem Ziel kommen, umso schlechter wird der Weg, hier in der Wüste hat es scheinbar vor nicht allzu langer Zeit geregnet. Mehrfach stoppen wir und suchen erst Mal zu Fuß eine Möglichkeit um Schlammpassagen zu umfahren.
Punta Gallinas der nördlichste Punkt des südamerikanischen Kontinents
Dann haben wir es geschafft! Wir sind am nördlichsten Punkt des südamerikanischen Kontinents angekommen. Ein einsamer kleiner Leuchtturm markiert diesen Punkt. Für eine knappe halbe Stunde waren wir beide somit die nördlichsten Menschen des südamerikanischen Kontinents. Die nördlichsten Beiden von 422,5 Millionen Menschen! :)
Wie von Iguana4x4 empfohlen, übernachten wir im Restaurant und Hospedaje Luz Mila. Es stürmt und windet, dass wir vom selber Kochen absehen und lieber bei Luz Mila essen. Wir entscheiden uns für frischen Fisch und trinken dazu venezuelanisches Bier Polar. Die Nacht hier an der Bahia Honda ist so windig, dass wir Mitten in der Nacht das Dach zuklappen müssen, und in unserem Notfallbett vor uns hin schwitzen.
Am nächsten Tag erkunden wir die Halbinsel, wir fahren an der Bahía Honda entlang, zum Punta Agujas, mit einem schönen Strand und vielen Steinmännern. Beim offiziellen Parkplatz der Taroa Dünen, von dem man zum Taroa Strand könnte, passen wir. 15.000 COP (etwa 4,30€) pro Person werden mittlerweile Eintritt verlangt, und nochmal 30.000 COP (8,40€) für das Fahrzeug. Wir fahren ein bisschen weiter, wo wir kostenlos parken können und wandern dort auf die Dünen. Zum Übernachten finden wir einen tollen Stellplatz, müssen dann allerdings doch auf die schöne Aussicht verzichten und uns in den Windschatten eines Busches stellen.
Nachts werden wir von einem heftigen Regenschauer geweckt, wir sind in der Wüste und es regnet nun schon die zweite Nacht? Am nächsten Morgen ist aber alles vorbei und es geht für uns langsam wieder zurück nach Cabo de la Vela. Es ist der 23. Dezember und wir möchten Weihnachten gemütlich im Dorf verbringen. Der ganze Schlamm, den wir noch zwei Tage zuvor auf dem Hinweg hatten, ist verschwunden. Scheinbar war kurz vor unserer Fahrt in den Norden ein heftiger Regenschauer gewesen.
Weihnachten in Cabo de la Vela
Die Nacht haben wir frei am Strand im Dorf verbracht, und wachen mit dem Meeresrauschen auf. Beim Frühstück beobachten wir die Kite Surfer und skypen mit unseren Familien zuhause.
Wir fahren zu den Sehenswürdigkeiten kurz außerhalb von Cabo de la Vela, dem Pílon de Azúcar, Ojo de Agua und dem zugehörigen Strand. Abends verbringen wir den Sonnenuntergang beim Leuchtturm, wo wir uns in der Nähe einen windgeschützten Schlafplatz suchen.
Südlich von Cabo de la Vela
Von Cabo de la Vela nehmen wir die unbefestigte Küstenstraße nach Süden und sehen plötzlich Flamingos. Laut unserer Recherche waren viel zu spät für die Flamingo-Saison unterwegs, und hätten gar nicht erst gehofft welche zu sehen. So verlegen wir unseren Frühstücks Stop gleich an die Lagune und beobachten die lustigen Vögel während wir gemütlich Kaffee trinken und unser Müsli essen.
Noch ein letztes Mal Karibik
Nach diesem Ausflug in die Wüste Kolumbiens wollen wir noch einmal an die Karibikküste, bevor es für uns in die Berge gehen soll.
Wir campen in der Nähe von Palomino und besuchen den bei Backpackern beliebten Ort. Wir können verstehen was ihnen hier gefällt, und könnten es uns ebenfalls vorstellen hier für ein paar Nächte zu bleiben. Doch aktuell ist die Hölle los, denn es ist Weihnachtszeit und somit sind Sommerferien in Kolumbien. Alle Kolumbianer, so scheint es uns, fahren zu dieser Zeit auf Urlaub, und sehr viele von ihnen natürlich an die Küste. Wir verbringen noch eine Nacht beim Camping Los Angeles, der uns schon auf dem Weg in den Norden so gut gefallen hat. Noch einen letzten schönen Abend, denn die Karibik werden wir nun auf dieser Reise nicht mehr sehen.
Super, interessanter Bericht und Fotos dazu??
Danke :)